Karpaltunnelsyndrom München | Prof. Dr. med. Helen Abel

von PD Dr. med. Helen Abel, Handchirurgin
30.01.2023

ICD-Code für diese Krankheit: G56

Zusammenfassung


Das Karpaltunnelsyndrom ist das häufigste Kompressionssyndrom eines peripheren Nervens beim Menschen und dessen Behandlung ist der heute am häufigsten durchgeführte handchirurgische Eingriff.

Der Mittelnerv (N. medianus) verläuft zusammen mit den Beugesehnen in einem mit Weichgewebe ausgekleideten knöchernen Kanal, dem Karpaltunnel. Größtenteils teilt sich der Nerv am Ausgang des Karpalkanals in seine Endäste auf. Es gibt jedoch auch anatomische Varianten des Nervs und seiner Endäste, deren Verlauf und Schonung für den Handchirurgen bei der Operation von größter Bedeutung sind.

 

Karpaltunnelsyndrom in Deutschland

 

In Deutschland werden jährlich circa 300.000 Karpaldachspaltungen durchgeführt, 90% davon ambulant. Die Erkrankungshäufigkeit liegt in der Bevölkerung bei etwa 2– 5%, in der Hälfte der Fälle ist die Ursache unbekannt (idiopathisch). Potentielle Ursachen für die Nervenkompression im Karpalkanal sind knöcherne Veränderungen – anlagebedingt oder ausgelöst durch Knochenbrüche –, systemische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, chronische Polyarthritis und Niereninsuffizienz oder hormonelle Dysbalancen bei Hypothyreose und Schwangerschaft sein. Sehr selten lösen Überbeine (Ganglien) oder Tumoren ausgehend von den Handwurzelknochen ein Karpaltunnelsyndrom aus. In mehr als der Hälfte der Fälle tritt das Karpaltunnelsyndrom beidseits auf, es gibt eine Häufung der Erkrankungen zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Frauen sind deutlich häufiger betroffen. Die Kompression des Nervens im Karpalkanal verursacht eine Schwellung mit Verdickung des Nervengewebes und späterer Nervenschädigung.

 

Diagnose und Untersuchung

 

Patienten berichten über Pelzigkeit, aber auch Schmerzen an den Fingerkuppen von Daumen, Zeige- und Mittelfinger (mit Ausnahme des Kleinfingers). Der Ringfinger ist auf der Seite zum Mittefinger hin taub oder pelzig. Diese Symptome treten vor allem nachts auf (Paraesthesia nocturna). Ferner zeigt sich eine Kraftminderung in der Hand, Gegenstände können aus dem Griff gleiten. Im weiteren Verlauf, wenn das Karpaltunnelsyndrom lange Zeit unbehandelt bleibt kommt es zu einer Rückbildung (sog. Atrophie) der Daumenballenmuskulatur verbunden mit deutlicher Kraftminderung beim Zugreifen.

Bei der klinischen Untersuchung werden insbesondere Gefühlsstörungen in den vom Nervus Medianus versorgten Fingern untersucht. Ferner testet die Handchirurgin  ob es beim Beklopfen des N.medianus zu Missempfindungen im Versorgungsgebiet kommt ( Hoffmann-Tinel´sches Zeichen positiv). Eine weitere häufige Untersuchungstechnik ist der Flexionstest nach Phalen. Dabei wird durch maximale Beugung des Handgelenks der Druck in dem Karpaltunnel erhöht  und  es treten bei entsprechender Nervenschädigung ebenso Missempfindungen der Finger und am Daumen auf. Sind beide Tests positiv, kann mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Karpaltunnelsyndrom ausgegangen werden. An apparativer Diagnostik wir eine elektrophysiologische Untersuchung des N. medianus durch einen erfahrenen Neurologen empfohlen. Diese hilft um den Grad der Nervenschädigung einschätzen zu können und kann als Verlaufs-bzw. Erfolgskontrolle postoperativ dienen.  Zur Bildgebung eignet sich die Ultraschalluntersuchung hervorragend. Anhand dieser kann beispielsweise   die Schwellung und Einengung des Nerven am Eingang in den karpalen Tunnel dargestellt werden, ebenso kann eine entzündliche Verdickung des Beugesehnengleitgewebes (Synovialitis) als mögliche Ursache der Nervenkompression festgestellt werden.

 

Konservative Therapie

 

Die konservative Therapie ist im Frühstadium der Erkrankung möglich. Sie besteht im nächtlichen Tragen einer Nachtlagerungsschiene des Handgelenks in Neutralstellung (0°-Position). Ebenso kann eine (einmalige!) Kortisoninjektion am Eingang des Karpaltunnels zusammen mit einem Lokalanästhetikum die Beschwerden des geschädigten N. medianus lindern, sehr häufig ist die Wirkung jedoch nur vorübergehend.

 

Operative Therapie: Karpaltunnelsyndrom

 

Die operative Entlastung des N. medianus sollte von einem Handchirurgen unter Lupenbrillenvergrößerung durchgeführt werden. Der Standardeingriff ist die offene Karpaldachspaltung, es gibt aber auch die Möglichkeit der minimal-invasiven (endoskopischen) Spaltung des Karpaldachs. Normalerweise kann der Eingriff in örtlicher Betäubung durchgeführt werden. Die Operation dauert je nach Befund zwischen 10 und 15 Minuten und kann ambulant durchgeführt werden.

 

Nachbehandlung

 

Es wird ein kleiner Verband für 2 bis 5 Tage angelegt, danach reicht bis zum Fadenzug ein Pflaster. Der Fadenzug erfolgt nach 12 bis 14 Tagen. Bewegungsübungen der Finger du des Handgelenkes sollten frühzeitig unter Anleitung eines Handtherapeuten durchgeführt werden. Um die Narbenheilung zu fördern, kann nach dem die Applikation eines Silikonnarbengels oder Silikonpflasters hilfreich sein. Die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit beträgt je nach beruflicher Tätigkeit 1 bis 3 Wochen. Wurde hinsichtlich der Dauer der Nervenkompression mit der Operation nicht zu lange abgewartet, ist mit einer kompletten Wiederherstellung der Sensibilität der Hand zu rechnen.

Die häufigsten Fragen zum Karpaltunnelsyndrom

Welche Symptome hat man beim Karpaltunnelsyndrom?

Die Einengung des Mittelnervs (Nervus Medianus) im Karpalkanal führt zu einem Kribbeln oder Taubheitsgefühlen der ersten drei Finger (Daumen, Zeige- und Mittelfinger) sowie zu einer Schwäche des Daumens bei dem so genannten Flaschengriff. Ferner kann sich die Daumenballenmuskulatur zurück entwickeln da diese ebenfalls vom Nervus Medianus versorgt wird. Sehr beeinträchtigend sind auch die nächtlichen Schmerzen.

Was kann ich gegen das Karpaltunnelsyndrom tun?

Bestehen nur leichte oder mäßige Schmerzen kann das Karpaltunnelsyndrom mit einer Nachtlagerungsschiene behandelt werden. Dies lindert anfangs die nächtlichen Schmerzen. Auch eine Kortisoninjektion in den Karpalkanal kann durch die antiinflammatorische und abschwellende Wirkung zu einer Verbessserung der Symptome führen. In fortgeschrittenem Stadium ist eine Operation indiziert bei der das Karpaldach gespalten wird, sodass der Nerv sich wieder ausbreiten kann.

Kann ein Karpaltunnelsyndrom von alleine weggehen?

Beim Karpaltunnelsyndrom kommt es durch eine Enge im Karpalkanal zu einer Affektion des Mittelnervs (N.medianus). Dies führt zu Kribbeln, Taubheitsgefühlen und Schmerzen in den vom N. medianus versorgten Fingern. Vor allem zu Beginn der Symptomatik können die Beschwerden nur zeitweise oder unter bestimmten Belastungen auftreten und dann wieder rückläufig sein.

Was passiert, wenn ein Karpaltunnelsyndrom unbehandelt bleibt?

Da beim Karpaltunnelsyndrom der Nervus Medianus eingeengt wird, kann es bei längerem Bestehen zu irreversibler Schädigung des Nervs bzw. einzelner Nervenfasern kommen. Dies führt dazu, dass auch nach einer operativen Karpaltunnelspaltung Restbeschwerden i.S. eines Taubheitsgefühls verbleiben.

Welche Finger Schlafen bei Karpaltunnel ein?

Der Nervus Medianus, der beim Karpaltunnelsyndrom eingeengt wird versorgt die ersten drei1/2 Finger, also Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und die Hälfte des Ringfingers sensibel. Außerdem gibt es einen motorischen Nervenast zum Daumenballen ab, der für die Abduktion und den so genannten Flaschengriff zuständig ist. Dementsprechend zeigen sich die Symptome wie Taubhiet, Einschlafen oder Kribbeln der Finger an Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger.

Ist eine Karpaltunnel OP gefährlich?

Bei einer Karpaltunnel-OP wird das Retinakulum, das Dach des Karpaltunnels, gespalten. Manchmal ist auch noch eine Neurolyse, also Befreiung des Nervs von Verklebungen, nötig. Große Studien konnten zeigen, dass die operative Dekompression als ein sicheres Verfahren mit einer Rate von unter 0,1% für schwerwiegende Komplikationen angesehen werden kann.

Handspezialistin und Unfallchirurgin

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